Warum wir dringend Fake News von Falschnachrichten unterscheiden müssen

Vor kurzem kam mir auf einer Onlineplattform, die ich durchaus schätze, ein Artikel unter, der sich heftig über eine Falschmeldung in Zusammenhang mit einem Corona Cluster echauffierte, und diese in der Überschrift mit dem Label „Fake News“ versah. Das brachte mich zum Nachdenken. 

Kaum ein Tag vergeht, an dem sie nicht präsent sind, diese Fake News. Schon wieder wurde irgendwo über einen Politiker oder ein Unternehmen etwas Unwahres ins Netz gestellt oder in den Medien berichtet – zumindest angeblich. Das durch Donald Trump populär gewordene Wort scheint überall zu sein. 

Es gehört zur zentralen Strategie des aktuellen US-Präsidenten, alles was ihm nicht gefällt, als Fake News zu bezeichnen. Inzwischen hat diese Strategie Schule gemacht. Nicht nur Politiker nutzen diesen Vorschlaghammer. Auch Unternehmen, NPOs und andere Organisationen schwingen ihn fleißig. Inzwischen machen wir scheinbar alle mit. 

Wir haben vergessen zu unterscheiden

Dabei haben wir vergessen zu unterscheiden: 
Was sind tatsächliche Fake News, bewusste Falschmeldungen? Also Informationen die wider besseren Wissens bewusst verteilt werden, um Menschen zu manipulieren. 
Und was sind Falschmeldungen, oder wie man sie früher so liebevoll nannte, „Zeitungsenten“? Also teilweise oder gänzlich falsche Informationen, die durch ungenaue Recherche, Missverständnisse oder Zeitdruck entstanden sind.

Ich kenne sowohl den Journalismus, als auch die PR von innen. Dabei habe ich eine simple Wahrheit immer wieder erlebt: Fehler passieren. Auch, oder gerade, in der Kommunikation. 

Man kann gar nicht so schnell schauen, da ist eine Information, die anders gemeint war schon veröffentlicht, und verselbstständigt sich fröhlich.

Ist das nun Fake News? Nein! Im Begriff „Fake News“ steckt die gezielte, manipulative Falschmeldung. Der Begriff impliziert, dass diese Nachricht bewusst, aus irgendwelchen niederen Motiven, falsch in die Welt gesetzt wurde. 

Das Cambridge Dictionary definiert etwas als Fake „that is made to look real or valuable in order to deceive people„. Es geht also immer um die Intention.

Die große Gefahr, die ich heute sehe, ist, dass wir ihn inflationär und schlichtweg falsch verwenden. Damit fördern wir eine Aufregungskultur und heizen die wachende Polarisierung in unserer Gesellschaft weiter an. 

„Hast du schon gehört? Da hat schon wieder jemand diese und jene Fake News über diesen und jenen verbreitet.“ Was hören wir? Die Intention andere bewusst zu betrügen. Böswilligkeit. Das passt in unsere so verunsicherte Gesellschaft und macht es auch irgendwie spannender. 

Zeitungsenten als das behandeln was sie sind

Womit ich keinesfalls die Gefährlichkeit von tatsächlichen Fake News kleinreden möchte. Aber wir sollten generell unsere Aufgeregtheit getrost etwas drosseln und die Kirche im Dorf lassen. Wenn Medien einen Fehler begehen und unbeabsichtigt eine Falschmeldung verbreiten, heißt das noch lange nicht, dass es sich um böse „Fake Media“ handelt. 

Das soll keine Entschuldigung für Zeitungsenten sein. Falschmeldungen sollten nicht passieren. Sie können ebenfalls desaströse Auswirkungen haben und müssen richtiggestellt werden. 

Und ja, es stimmt: Leider sind wirklich viele Medien „biosed“ wie man so schön sagt. Und ja, in den sozialen Netzwerken gehören bewusste Falschmeldungen sowieso zum Alltag.  

Trotzdem müssen wir als Gesellschaft unheimlich aufpassen, was hier gerade passiert. Wir müssen wieder lernen zu differenzieren und aufhören, uns reflexartig mit der Fake News Keule zu verteidigen. 

Margaret Sullivan hat in der Washington Post schon vor einiger Zeit dafür plädiert, den Begriff überhaupt nicht mehr zu verwenden: „Instead, call a lie a lie. Call a hoax a hoax. Call a conspiracy theory by its rightful name.“

Nur wenn wir entsprechend differenzieren, können wir auch die angemessenen Maßnahmen setzen. Bei Zeitungsenten sollten wir auf eine Richtigstellung pochen, anstatt uns pauschal über „Fake Media“ zu echauffieren.

Wenn wir nicht wieder lernen, differenzierter zu formulieren und zu handeln, haben diejenigen gewonnen, die den Dialog und unsere demokratischen Gesellschaften untergraben wollen.

Falschnachrichten gehören genauso identifiziert und korrigiert, wie Fake News. Aber wir sollten mit ihnen auch einfach als das umgehen, was sie sind: Gute alte Zeitungsenten. 


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